Das CFC-Pressearchiv


Freie Presse vom 17.11.2000

Amtierender CFC-Präsident: Bei Sitzung am Dienstag ging es nicht mehr um Fußball - "Jetzt keine Schnellschüsse"

Langer schockiert - "Nofri hätte sich durchbeißen müssen"

Es gab eine Zeit, in der Fußball-Chemnitz kopfschüttelnd Richtung Dynamo Dresden oder Sachsen Leipzig geschaut hat. Dort hatte man sich sein eigenes Grab geschaufelt - durch Chaos in den Vorständen, Intrigen, persönliche Eitelkeiten. Dass ähnliche Dinge beim CFC passieren, schien undenkbar. Heute sind wir eines Schlechteren belehrt. Mit dem Rücktritt von Präsident Claus-Peter Nofri hat die schwere Krise bei den Himmelblauen ihren (vorläufigen) Höhepunkt erreicht. Was ist am Dienstagabend während der gemeinsamen Sitzung von Präsidium und Verwaltungsrat vorgefallen?

Vize-Vereinschef Eberhard Langer konnte im Gespräch am Donnerstag mit "Freie Presse" keine Details preisgeben - schließlich wurde Stillschweigen vereinbart - doch eines machte er deutlich: "Es ging nicht mehr darum, wofür ich im Frühjahr angetreten bin, nämlich um den Fußball in der Stadt. Wir hatten uns getroffen, um Differenzen zwischen Verwaltungsrat und Präsidium aus der Welt zu schaffen. Außerdem wollten wir die nächsten Schritte des Präsidiums abstecken. Dabei entwickelten sich Streitereien, die mich schockiert haben." Gleichfalls unfassbar sei für ihn der Rücktritt Nofris gewesen. "Ich persönlich wäre an seiner Stelle nicht gegangen, er hätte sich durchbeißen müssen", meint Langer.

"Man kann neues Präsidium nicht aus dem Boden stampfen"

Der nun amtierende Präsident vertritt die Auffassung, dass man sich mit der Suche nach einem neuen Vereinschef Zeit lassen sollte. "Durch Hektik und Schnellschüsse sind im Verein schon einige Fehler gemacht worden. Jetzt kommt es mehr denn je darauf an, mit Ruhe und Besonnenheit zu Werke zu gehen. Man kann nicht über Nacht ein neues Präsidium aus dem Boden stampfen", betont der 66-Jährige.

Er selbst steht als neuer Präsident nicht zur Verfügung. "Ich habe schon mal gesagt, dass ich nicht im Vordergrund stehen und repräsentieren will - ich möchte arbeiten", so Langer. Gleichzeitig machte er klar, dass er nicht unter jedem neuen Präsidenten weitermachen würde. "Der künftige Vereinschef müsste es verstehen, aus seinen Präsidiumsmitgliedern und allen Mitarbeitern des Vereins das Maximale herauszukitzeln und ein Gemeinschaftsgefühl zu wecken", betont Langer.

Gemeinsam mit Schatzmeister Harald Lorenz trägt er vorerst die ganze Verantwortung, was laut Satzung auch möglich ist. "Die erste Entscheidung haben wir ja bereits treffen müssen, indem wir den Vertrag mit unserem neuen Stürmer Zamir Muratovic unterschrieben haben", so der amtierende Präsident. Auf die Frage, ob sich Siegmar Menz als Manager des CFC halten kann, antwortete Langer: "Wir sind kein reicher Verein, haben bis zum Saisonende aber schon zwei Trainer auf der Gehaltsliste. Ich weiß nicht, ob wir uns das jetzt auch noch mit zwei Managern leisten können."

"Präsidentschaft war von Beginn an belastet"

Verwaltungsratsmitglied Peter Naujokat bedauert Nofris Rücktritt zwar, so ganz überraschend kam er für den GGG-Chef freilich nicht. "Die Präsidentschaft war von Beginn an belastet, weil das alte Präsidium nicht an den Verein, sondern an gekränkte Eitelkeiten gedacht hat. Dabei hätte der alte Vorstand zur Kenntnis nehmen sollen, dass er abberufen worden ist. Ein gutes Präsidium hätte das zähneknirschend akzeptiert, ohne dem Verein im Nachhinein zu schaden", fand Naujokat am Donnerstag deutliche Worte.

Der Verwaltungsrat werde jetzt ein weiteres Vorstandsmitglied berufen. "Wir wollen den Mitgliedern bis zur bevorstehenden Versammlung das Gefühl vermitteln, dass der Verein handlungsfähig ist", unterstrich Naujokat. Dagegen sollte man bei der Suche nach einem Präsidenten Hektik vermeiden. "Ich sehe keinen Grund für übereilte Entscheidungen", bemerkte der GGG-Chef.

Bittermann: Machtkämpfe interessieren uns nicht

Auch CFC-Kapitän Torsten Bittermann musste mächtig schlucken, als der Rücktritt Nofris bekanntgegeben wurde. "Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet. Dass nach den Geschehnissen der letzten Wochen irgendwas passiert, war klar. Doch so massiv hätte ich es nicht erwartet", sagte Bittermann am Donnerstag. Dem gegenwärtig verletzten Käpt'n ist bewusst, wer die Hauptschuld an dieser Entwicklung trägt - die Mannschaft. "Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Nofri der richtige Mann war. Wenn wir sportlichen Erfolg gehabt hätten, wäre es nicht so weit gekommen, dann würde es auch keine Opposition geben", so Bittermann.

Auf die Spieler habe die gegenwärtige Führungskrise allerdings keinen Einfluss. "Den Großteil der Mannschaft interessieren diese Machtkämpfe überhaupt nicht. Wenn Manager Menz zum Beispiel in die Kabine kommt und irgendwas von Opposition erzählt, wissen die meisten gar nicht, worum es geht", betont der 31-Jährige. Wie stellt er sich den künftigen CFC-Präsidenten vor? "Auf jeden Fall müsste es einer sein, der von allen Seiten anerkannt wird und wo es nicht schon von vornherein Abneigungen gibt. Den zu finden, ist aber sehr schwer", so Bittermann.

Spekulationen über Nachfolger sind müßig

Wer wird Nachfolger von Claus-Peter Nofri, der es nur 170 Tage im Amt des CFC-Präsidenten ausgehalten hat? Spekulationen darüber sind müßig. "Viele Kandidaten gibt es nicht", meinte Verwaltungsratschef Karl-Heinz Schüngel am Donnerstag zu diesem Thema. Nachdem Eberhard Langer seine Ablehnung kundgetan hat, wäre Schatzmeister Harald Lorenz eine überdenkenswerte Alternative. Weitere mögliche Kandidaten: Ex-Präsident Lutz Waszik - oder jemand aus dem Verwaltungsrat. Wenn alle Stränge reißen, muss es Schüngel eben selbst machen ...

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